... ich werf' auch das handtuch

von Rolf Herbert Eschbach
Gesperrt
Benutzeravatar
whosthatguy
Beiträge: 68
Registriert: 28.07.2002 14:45

Beitrag von whosthatguy »

je nun, ich schätze, ich bin jetzt auch mal an der reihe, mich offiziell von der nibelungen-schatzsuche zu verabschieden. seit oktober hatte ich wegen meines berufes keine zeit mehr, den drachen am schwanz zu ziehen, doch nun sind semesterferien und da spielte ich letzte woche mal mit dem gedanken, ob ich wieder für ein, zwei monate einsteigen sollte, obwohl sich meine mitstreiter ahoi-browser und parsifal schon längst abgeseilt haben. aber immerhin konnte ich den postings ja sogar das wiw-buch entnehmen ;-)
nachdem ich die ganzen phorum-postings seit dezember durchgeackert hatte, kam ich jedoch zu dem schluss, dass ich es lieber nicht tue. nicht wegen des z.t. trolligen tonfalls im phorum (da steh' ich drüber, wie ein autist mal sagte), sondern weil sich bei mir die zweifel am inneren aufbau der schatzsuche doch gewaltig verdichtet haben und ich vielen der immer wieder geäußerten kritikpunkte recht geben muss. dass ich meine gründe jetzt doch noch mal im detail erläutere, naja, das erklärt sich nur daraus, dass ich es mir von der seele schreiben muss und keine lust habe, ohne angabe von gründen die segel zu streichen, denn schliesslich war ich ja am anfang schwer begeistert und habe auch die trommel dafür gerührt. ich kann nur hoffen, dass mir das niemand übelnimmt, bei all dem frust, der sich hier aufgestaut hat.

mit kritikpunkten meine ich jetzt nicht diese unselige geschichte mit herbs posting im schorsch-forum oder die diversen schlampereien im buch inklusive der behauptung, die überzähligen ziffern für den späteren isbn-code wäre durch das zweite buch eliminiert worden, wo es doch immer hiess, das vorliegende buch sei in sich geschlossen. das erste halte ich noch für verzeihlich (wenn auch schwer, but shit happens), das letztere - naja, schon schwerer zu schlucken. amateurstatus hin oder her.
ich meine auch nicht herbs person an sich. so, wie ich ihn kennen gelernt habe, ist er ein sehr sympathischer kerl und auch keineswegs ein ahnungsloser trottel oder ein sadistischer puppetmaster. er hat allerdings, so glaube ich inzwischen, ein gänzlich anderes verständnis von einem guten rätsel als ich.
und damit komme ich zum eigentlichen grund:
ich halte es zwar für grundsätzlich möglich, dass dieses rätsel lösbar ist (oder, um genau zu bleiben, ich kann das gegenteil nicht beweisen, da es sich halt logisch nicht a-priori beweisen lässt), doch mir gefällt einfach nicht die art und weise, wie man der logik der schatzsuche auf die spur kommen soll. das wurde mir klar, als ich am wochenende mal wieder einen krimi von dorothy sayers ("fünf falsche fährten") las und mir beim lesen einfiel, dass herb mal in einem zeitungsinterview darauf hingewiesen hatte, er habe sich bei der konzeption an krimis orientiert (und mit rätseln in unserem sinne hat er sich ja nie befasst).
nun ist das kennzeichen eines guten krimis der spannungsaufbau und der lebt halt im klassischen who-dunn-it gerade davon, dass der leser keine ernsthafte chance hat, den mörder herauszufinden, denn sonst würde man das buch ja schon nach den ersten seiten auf den müll werfen.
dafür gibt es eine reihe von stilmitteln. jede menge falscher fährten sind eines davon, aber eines der wichtigsten ist die entwicklung eines tathergangs, der zwar in sich stimmig, aber so auf kante genäht und so idiosynkratisch ist, dass man ihn schon von anfang an im kopf haben müsste, um ihn überhaupt ins auge fassen zu können. mehr noch: er ist praktisch nie der EINIZIGE mögliche und plausible tathergang, das sieht bloss am schluss so aus, weil der autor dann alles entsprechend hindreht und den umstand umterschlägt, dass sich die figuren inmitten der story tatsächlich auch anders hätten verhalten haben können. es ist daher eine reine willkürentscheidung, welcher der vielen denkbaren tathergänge vom autor gewählt wird und keineswegs etwas, was sich aus den präsentierten indizien und fallen zwangsweise ergeben MUSS. da man nicht selbst ermitteln kann um die falschen fährten von den echten zu trennen, hat man bis zum schluss keine echte chance, den fall zu knacken, sondern kann höchsten stillistische hilfsargumente verwenden, so a la: die scheinbar unschuldigste person muss es gewesen sein. oder man fragt den autor.
dummerweise ist ein krimi aber gerade aus diesen gründen kein "rätselspiel" wie etwa die von cus, mensa oder wie mathematische knobeleien. solche rätselspiele enthalten zwar auch falsche fährten, aber auch klare interne kriterien, um falsches von richtigem zu unterscheiden und jede nötige teillösung ist evident, weil sie dann halt wirklich logisch zwingend ist und nicht auch anders aussehen könnte und so den weg zum nächsten schritt eröffnet. solche spiele kann man tatsächlich ganz autonom lösen, ohne immer wieder zum autor rennen zu müssen.
doch leider scheint die schatzsuche eher wie ein krimi als wie ein rätselspiel aufgebaut zu sein.
denn die paar denksportelemente, die hier enthalten sind, beschränken sich offenbar auf endlose iterationen im stile eines anagramms, für die man endlosen fleiss, aber wenig logische fantasie braucht. wahrhaftig endlosen fleiss, weil man ja die falschen elemente mit iterieren muss und so geradezu abartig viele denkbare kombinationen enthält. es sei denn, man bekommt einen tip, der die spreu vom weizen trennt. ansonsten geht es einem wie den typen, die die symbole des voynich-manuskripts immer wieder kombinieren und auf alle möglichen sinnvollen ergebnisse kommen, ohne zu wissen, ob sie wirklich etwas bedeuten oder nur zufall sind. ganz ehrlich, so was macht mich nicht an.
und was den rest angeht: man kann halt alle möglichen assoziationen zu den infos entwickeln und daraus gedankengänge konstruieren, aber ohne tipps nicht falsifizieren. das macht mich erst recht nicht an. ich bevorzuge rätsel, die ich kraft meiner eigenen fähigkeiten lösen könnte, wenn ich wollte. und ich stehe auch nicht, wie ein gewisser jemand, auf dem standpunkt, dass ich nur wegen des dabeiseins das recht habe, dass mir der autor oder sonst wer den fundort oder seine ergebnisse verraten muss. so was ist indiskutabel.
bin halt ein armchair philosopher mit hang zum singulären wahnsinn :-)
insofern ist es letztendlich eine stilfrage, die mich dazu gebracht hat, nicht wieder in diese schatzsuche einzusteigen. ich hoffe aber sehr, dass jemand aus den kreisen derjenigen, die ich kenne & schätze, am ende doch noch dazu kommt, den spaten an der richtigen stelle anzusetzen. ich bin davon überzeugt, dass das jemandem vergönnt sein wird, mir gefällt bloss der weg dahin nicht, aber das ist geschmackssache.

daher sage ich tschüss für diese baustelle, viel glück für euch ausharrenden & bis zum nächsten sommerrätsel!
... vielleicht sehen wir uns ja auch vorher auf irgendeiner rätselfete :-) :;): :;):




Edited By whosthatguy on 1077807016
Benutzeravatar
Etzel
Beiträge: 823
Registriert: 09.04.2003 23:51

Beitrag von Etzel »

ehrliche unverquaste worte ...
Hussein, ich werde dich schmerzlich vermissen.
Aber die nächste Rätslerfete kommt bestimmt.
Chin up, Mikey! :)
Benutzeravatar
Heaven
Beiträge: 148
Registriert: 26.02.2003 12:48

Beitrag von Heaven »

@who: well-spoken! poste das doch mal ins herbsche phorum!
Benutzeravatar
Etzel
Beiträge: 823
Registriert: 09.04.2003 23:51

Beitrag von Etzel »

Sonz machen wir dat ... via Zitat ... ;)
Gesperrt

Zurück zu „Nibelungenschatz“